Akustik und Stadtplanung

Bonn Hören Projekt Foto

Ein Themenblock von: 

Sam Auinger

Warum Stadtklang = auditiver Lebensraum heute neu ins Zentrum unserer Aufmerksamkeit rückt, ist vielleicht einerseits darin begründet, dass im Hörsinn auch der Raumsinn liegt, dass das auditive Wahrnehmen einer Lebensumgebung unsere emotionale Bindung an diese wesentlich mitbestimmt und andererseits, dass die auditive Qualität eines urbanen Raums auch immer eine Konsequenz des Designs im Architektonischen wie im Städteplanerischen ist... zufällig oder gewollt.

Jede Stadt erzählt ihre auditive Geschichte, so wie jeder Raum spricht und ein Klangereignis färbt. Topographie, Architektur, ökonomische und soziale Struktur und Dynamik, all das lässt sich hören. Wenn ich raus auf die Straße gehe, die Stadt durchwandere und ihr zuhöre, dann höre ich unsere Kultur. Sie ist laut, ruhelos, von Verbrennungsmotoren- , Strom- und Medienklängen dominiert, und sie ist verknüpft und vermischt in einem Netz von Infrastruktursystemen. Mich interessiert die Frage, was haben unsere urbanen Räume und die Art und Weise wie wir darin unsere sozialen und ökonomischen Interaktionen organisieren, meinen Sinnen zu bieten... mein besonderes Interesse gilt dem Hörbaren.

Reflexion aus Klangstudien

Akustik, Architektur, Stadtplanung

Ö1 Radiokolleg, 22.-25.6.2009, Gestalterin: Susanna Niedermayr

Sam Auinger und Bernhard Leitner zu Klang und Architektur. - Sam Auinger: „Ich hab den Architekten sehr, sehr lange vorgeworfen, dass sie sich um die akustische Ökologie eben überhaupt nicht kümmern würden. Aber auch der Bauer hat sich viele Jahre lang nicht um die Ökologie gekümmert. Denn er war der Meinung, dass er sich ja ohnehin schon darum kümmern würde, dass die Pflanzen wachsen und dass auch genau das sein Job sei. Erst jetzt, wo die Sicht auf die Welt durch das Internet global ist und wo wir auch ein Recht auf politische Mitbestimmung haben, bekommen wir eine Idee von der Dimension der Dinge. Erst jetzt fangen die verschiedenen Spuren an, sich langsam zusammenzufinden.“
innsbruck 6020 der weg, Partitur

innsbruck 6020 der weg

innsbruck 6020 der weg, Ausschnitt (c) Sam Auinger

„innsbruck 6020 der weg“ (2007) von Sam Auinger und Hannes Strobl (tamtam). Diese Stück entstand anlässlich unserer halbjährigen Ausstellung „Bewegte Luft“ im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum. Aus den dafür entstandenen Fieldrecordings in Innsbruck komponierten wir ein Hörstück fürs Kunstradio.
neozon Klangbeispiel memory

bonnhoeren memory

neozon, Klangbeispiel aus „bonnhoeren memory“ (2010) (c) Sam Auinger.

„bonnhoeren memory“ (2010) basierend auf meinen Stadtstudien als Bonner Stadtklangkünstler. Gemeinsam mit Dany Scheffler entwickelte ich eine spielerische Einladung, sich im „Denken mit den Ohren“ zu üben. „neozon“ - so wie dieser Klang irritiert, so auch das Erscheinungsbild dieses Vogels. Kein heimischer Vogel sieht so aus… Wir haben es hier mit einer Papageienart, dem Halsbandsittich, zu tun. Die ursprünglich aus Pakistan und Nordindien stammende Vogelart lebt seit Ende der siebziger Jahre als ein so genanntes „neozon“, als eingewanderte Art, in Bonn.
hometown, Landschaft

hometown [live performance]

Mitschnitt der Performance "hometown" (c) Sam Auinger - 2008.07.02 Tuned City Berlin (D), 2007.11.23 Brucknerhaus Linz (A), 2007.09.20 Klangspuren Innsbruck (A)

„hometown“ von Sam Auinger und Hannes Strobl (tamtam) ist ein Auftragswerk des Festivals Klangspuren 2007. Das Stück ist ein musikalischer Dialog mit Lautsphären unserer jeweiligen Geburtsstädte und unserem heutigen gemeinsamen Lebensort Berlin. Das Ausgangsmaterial sind Aufnahmen städtischer Situationen/Räume in Innsbruck, Linz und Berlin. „hometown“ gliedert sich in 4 Sätze und einen Prolog. Besetzung: Stimme: David Moss - Cello: Michael Moser - Bass: Hannes Strobl - Sampler: Sam Auinger, Dauer: 57 min.

besetzter raum  - Studie im urbanen Raum, die einen klanglichen Effekt, den Wirkungszusammenhang von Klangereignis und gebautem/gestaltetem Raum darstellt.

besetzter raum

Wenn man sich zum linken Rheinufer begibt, auf Höhe Schloss Carstanjen, kann man erleben, wie der auf der rechten Rheinseite entlanglaufende Zuggüterverkehr den großen auditiven Raum in seinem klanglichen Anschwellen komplett besetzt und im Abschwellen wieder freigibt...

rhythmusbox - Studie im urbanen Raum, die einen klanglichen Effekt, den Wirkungszusammenhang von Klangereignis und gebautem/gestaltetem Raum darstellt.

rhythmusbox

Aus funktionalen Gründen sind Brücken technisch so gebaut, dass sie verschiebbare Übergänge an ihren Verbindungsstellen haben, die sich beim Überfahren im Raum darunter wie ein eigenartiges Trommelstück anhören.  Die hier dokumentierte Unterführung der Adenauerbrücke (rechtsrheinisch) ist ein gutes Beispiel dafür.

reflexion - Studie im urbanen Raum, die einen klanglichen Effekt, den Wirkungszusammenhang von Klangereignis und gebautem/gestaltetem Raum darstellt.

reflexion

Geht man von der Oxfordstraße durch den großen Gebäude-Durchgang hinunter zum Annagraben, kann man, unten angelangt, leicht den Ort finden, an dem sich der oben vorbei fließende Verkehr in den Deckenfliesen des Durchgangs spiegelt … visuell wie akustisch...

grundklang bonn (installation) - Studie im urbanen Raum, die einen klanglichen Effekt, den Wirkungszusammenhang von Klangereignis und gebautem/gestaltetem Raum darstellt.

grundklang bonn (installation)

Durch ein Resonanzrohr, angebracht am Hauptbahnhofsgebäude in Bonn, wird der Verkehr vor Ort aufgenommen. Dieser transformierte Klang wird in Echtzeit über einen Würfellautsprecher am Bahnhofsvorplatz wieder abgespielt.

fernes rauschen - Studie im urbanen Raum, die einen klanglichen Effekt, den Wirkungszusammenhang von Klangereignis und gebautem/gestaltetem Raum darstellt.

fernes rauschen

Ein Charakteristikum unserer heutigen großen urbanen Grünanlagen ist, dass sie meist immer mit einem fernen Rauschen auditiv besetzt sind… geschuldet den querenden und umgebenden Infrastruktursystemen… wie hier in der Rheinau...

cut out: Studie im urbanen Raum, die einen klanglichen Effekt, den Wirkungszusammenhang von Klangereignis und gebauter/gestalteter Raum darstellt.

cut out

Die im Video gezeigte urbane Situation demonstriert einen Cut Out Effekt, d.h. dass die vorbeifahrenden Autos nur im Sichtfenster der strasse in all ihren Frequenzen hörbar sind.

wall of sound - Studie im urbanen Raum, die einen klanglichen Effekt, den Wirkungszusammenhang von Klangereignis und gebautem/gestaltetem Raum darstellt.

wall of sound

Steht man im Innenhof des Palais Tokyos (Paris), fungiert die angrenzende Hauptverkehrsstraße als eine Wall of Sound.

Sam Auinger

Sam Auinger, Sonic Thinker, Komponist und Sound Artist, wurde 1956 in Linz geboren. Seit den 1980er Jahren beschäftigt er sich intensiv mit Fragen von Komposition, Computermusik, Sounddesign und Psychoakustik. Neben Arbeiten für Film, Theater, Radio, Video, Ausstellungen und Festivals in Europa und Nordamerika ist Auinger als Vortragender zum Thema Klang und Architektur tätig und leitete von 2008 bis 2012 den Fachbereich Experimentelle Klanggestaltung im Masterstudiengang Sound Studies an der Universität der Künste in Berlin. Gemeinsam mit Bruce Odland gründete er 1989 O+A, eine transatlantische Zusammenarbeit, die sich mit Soundscapes und Hörperspektiven verändernden Klanginstallationen beschäftigt. 2010 wurde Auinger als Stadtklangkünstler nach Bonn eingeladen.
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