laut fahrplan
wider die normative kraft des faktischen
eine wirklichkeitsüberarbeitung in echtzeit
ein projekt von volkmar klien und thomas grill
stört das radio, dreht man es ab.
wenn es das radio des nachbarn ist, kann das schwierig werden.
ist der nachbar nicht bloß ein älterer herr ohne hörgerät, sondern eine staatliche eisenbahngesellschaft mit ihren fernzügen, wird alles noch viel, viel komplizierter.
hat man schon kaum macht über den klang seiner umgebung (das ist es nämlich, wovon die grille im baum eigentlich singt), so soll man zumindest nicht passiv hinnehmen, was aktiv umgedeutet werden kann.
denn selektive wahrnehmung ist eine herrschaftsform.
es findet also ein konzert an der bahn, eine re-kontextualisierung laut fahrplan, statt. jedem zug widmet sich ein musiker und baut um, aus und mit dessen klängen sein ding. ein triebwagen kommt, verwandelt sich in einen wunderschönen, glitzernden schmetterling und flattert davon.
hören ist immer auch ein konstruktiver, kreativer akt. 'laut fahrplan' zieht in normale wahrnehmungsstrukturen zusätzliche ebenen ein, überarbeitet die wirklichkeit in echtzeit und befreit so den menschen aus dem würgegriff der macht des faktischen.
ua, bzw. erste intervention: 20.9.2008 an der westbahn im vkk eichgraben